Alfred Ehrhardt war ein großer Meister der Bildkunst. Die Wirkung der Natur so eindringlich nahe zu bringen ist wenigen Fotografen gelungen. Doch Alfred Ehrhardt war mehr als Fotograf und Dokumentarfilmer. Sein vielschichtiges Werk ist Zeugnis eines herausragenden Künstlers. Der gebürtige Thüringer kannte die Welt und die Kunst. Zeit seines Lebens war er noch als Maler, Kunstdozent und Musiker tätig. Am Bauhaus begegnete er Künstlern wie Joseph Albers und Oskar Schlemmer. Von Kandinski ist bekannt, dass er die Arbeiten Ehrhardts sehr schätzte. Die Fotoserie Watt, ein Ergebnis seiner langen Fotowanderungen, sind im philosophischen Sinne naturalistische Meisterwerke. Von Walter Benjamin stammt der Irrtum, das die Neue Sachlichkeit nicht künstlerisch sei und und keine Imagination und Erkenntnis zuließe. Ehrhardts Watt-Bilder widerlegen diese These.
Der Betrachter sieht nicht nur Wasser, Sand und Licht, er sieht ebenfalls Formen, Kontraste, Linien und Zeichen. In vielen „sachlichen“ Bildern August Sanders findet sich ebenfalls dieser Zauber. Die Natur in ihrem schlichten Abbild erscheint bei Ehrhardt als riesige Projektionsfläche für die großen Zusammenhänge. Die Schönheit und Anmut des Planeten wird zur Sinnstiftung des in die Welt geworfenen Menschen. Das Drama der Sterblichkeit wird ersichtlich, die Natur existiert auch ohne Menschen. Das ist Kontemplation, das ist Selbstvergewisserung und Meditation zugleich. Mehr kann ein Künstler nicht erreichen und Alfred Ehrhardt hat viel erreicht. Von den lebenden Zeitgenossen hat ähnliches der brasilianische Fotograf Sebastião Salgado erreicht. Sein Bildband Genesis hätte Alfred Ehrhardt begeistert. Beide haben verstanden, dass die Natur alles ist und ohne Natur alles nichts. (fk.)
Ausstellung in der Alfred Erhardt-Stiftung,
18. Januar bis 27. April 2014 Berlin
© alle Bilder: Alfred Erhardt-Stiftung