Vom Soziologen Ulrich Beck stammt der Begriff der Brasilianisierung des Westens. Am Ende dieser Brasilianisierung steht die totale soziale Ungleichheit. Mit allen Konsequenzen für die zerfallenden Gesellschaften: Kriminalität, Armut und Zerfall. Was in Europa erst begonnen hat, ist in vielen Städten Lateinamerikas und auch in den USA längst Realität. Der mexikanische Fotograf Carlos Cazalis fotografierte jahrelang die brasilianische Stadt São Paulo. Die Stadt ist ein monströser Kosmos. Mit über zwanzig Millionen Einwohnern zählt sie zu den wirklichen Megacitys der Welt. Cazalis Bilder sind einzigartig. Sie zeigen uns weder einen postapokalyptischen Menschenzoo noch koloriert der Fotograf das alltägliche Elend dieser Megastadt voyeuristisch. Seine Bilder sind belichtete Soziologie. Sie erzählen von einer kapitalistischen Welt in der nur das Recht des Stärkeren zählt. Für immer mehr Bewohner in den Slums São Paulos wird das Leben zu einem permanenten Struggle for life.
Die sozialräumliche Polarisierung ist ein wahrer Alptraum. Den Slums stehen immer mehr Gated Communities gegenüber. Es entstehen militärisch überwachte Siedlungen für Wohlhabende. Während die Paranoia der Reichen der Sicherheitsindustrie immer neue Rekordumsätze beschert, nimmt die Zahl der Obdachlosen beständig zu. In Stadtvierteln wie Alphaville konzentriert sich obszöner Reichtum, doch abseits dieser Enklaven des Reichtums herrschen bittere Armut und Tristesse. All das steht Europa noch bevor. Bilder: © 2013 Carlos Cazalis/Kehrer Verlag (fk)